Keine Angst vorm Spüren - Teil 1

Der paradoxe Weg zu starken energetische Grenzen

Zum Thema "Energetische Abgrenzung" beobachte ich immer wieder eine diffuse Angst, die Symptome des Klienten mit seiner Energie zu übernehmen. Ganz so, als ob Energie - ähnlich Viren oder Bakterien - nur im Verborgenen darauf lauern würde, uns Behandelnde zu befallen. Diese Sicht halte ich nicht nur für unbegründet, sondern auch für ein wenig mittelalterlich.

 

Es ist wichtig, diese Angst vor der potentiellen "Negativität" eines anderen Menschen abzulegen, denn sie beeinträchtigt uns in unserer Arbeit. Was aber steckt hinter Symptomen der energetischen Übertragung? Was können wir aus ihnen lernen?

 

Energetische Abgrenzung

Im Shiatsu gelten ähnliche Hygiene- und Selbstsorge-Maßnahmen wie in anderen Berufen, die intensiv mit Menschen arbeiten: Hände waschen, ein gutes Raumklima herstellen (z.B. lüften & räuchern), für regelmäßige Bewegung und räumlichen Abstand zum Geschehen sorgen, etc.

 

Geht es allerdings hart auf hart, dann nützen diese Rituale wenig. Wenn wir tatsächlich eine ungesunde energetische Verbindung wahrnehmen; wenn uns KlientInnen übermäßig beschäftigen, dann ist uns die gesunde Distanz verloren gegangen. Jetzt haben wir die Chance, etwas Wertvolles zu lernen!

 

Symptom-Übertragung: positiv oder negativ?

Mein Grundsatz lautet: Was in der Behandlung geschieht, hat mit der Behandlung zu tun. Spüre ich also ungewöhnliche körperliche, emotionale oder geistige Reaktionen, sehe ich das als hilfreiches Zeichen; ich befinde mich in Resonanz. Mein Körper ist Instrument und übersetzt mir die Situation meiner Klientin in meine Sprache. Ich glaube, dass dies für viele PraktikterInnen die gängigste Form der Rückmeldung ist: "Aha, hier geschieht gerade etwas, das nur ich in diesem Augenblick mit diesem Klienten lösen oder behandeln kann." Andere KollegInnen werden es anders wahrnehmen, je nachdem wie sie mit dem/der KlientIn in Resonanz treten. Für mich ist diese Form der Übertragung eine sehr befriedigende Rückmeldung! Unser Mit-Gefühl ist eine wertvolle Hilfe.

 

Im Allgemeinen vergehen diese Symptome während oder kurz nach der Behandlung, so wie der Klang einer Saite verhallt.

 

Anhaltende Symptome: Gefahr oder Botschafter?

Was aber, wenn Symptome auch nach der Behandlung weiterbestehen? Ich betrachte sie nicht als böses "Mitbringsel" einer problematischen Person, von der wir uns nicht hinreichend abgeschottet hätten. In diesem Fall übernehmen die Symptome die Rolle von Botschaftern.

 

Der größte Energie-Räuber: Grübeln

Ein gängiges Anzeichen für eine energetische Grenzüberschreitung ist anhaltendes Grübeln über einen Menschen. Das beobachten wir oft am Anfang unserer Laufbahn, wenn uns jeder neue Fall natürlich sehr beschäftigt. Je mehr Erfahrung wir sammeln, desto mehr Vertrauen fassen wir in die Kräfte des Shiatsu und können unsere KlientInnen am Ende einer Behandlung freundlich in die eigene Verantwortung entlassen.

 

Dennoch kommt es immer wieder vor, dass uns eine Behandlung mehr beschäftigt, als gesund ist.

 

In Teil 2 erfahren Sie, wie Sie mit energetische Belastungen umgehen können. Solange wir darin nur negative Energien sehen, die es auszutreiben gilt, vertun wir eine wichtige Chance, unsere Arbeit weiterzuentwickeln.


Odile Kubarth Shiatsu-Praxis in Graz
Odile Kubarth, Dipl. Shiatsu-Praktikerin

Mein Weg zum Shiatsu

Ursprünglich habe ich ein ganz anderes Studium abgeschlossen. Aber schon immer faszinierten mich der menschliche Körper, seine Beweglichkeit und seine Selbstheilungskräfte. Durch eine Serie von Zufällen ist mir Shiatsu buchstäblich in die Hände gefallen. Nach anfänglicher Skepsis habe ich beschlossen, alles Vergangene an den Nagel zu hängen und mich voll und ganz Shiatsu zu widmen. Mittlerweile kann ich auf über ein Jahrzehnt Erfahrung als Shiatsu-Praktikerin zurückblicken. Und fast schon ein Jahrzehnt arbeite ich als Assistentin in der Shiatsu-Ausbildung. Dadurch habe ich meine eigene Ausbildung schon drei Mal von der Pike auf wiederholt!

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